Werden Erdbeben durch erhöhte Radioaktivität thermisch ausgelöst?
von Dr. Hans-Dieter Langer, Niederwiesa

Erdbeben hat man bisher, wie zum Beispiel bei R. Meißner, im wesentlichen rein mechanistisch interpretiert. Es wird davon ausgegangen, dass tektonische Spannungen infolge von Plattenbewegungen und Gebirgsauflasten oder auch von Kriechvorgängen der Erdkruste insbesondere an „Schwächezonen“ lokal die Reibungsspannungen von Gesteinskomplexen überwinden. Man hat es also im Fall der rein mechanischen Interpretation relativ eindeutig mit folgenden gekoppelten Phänomenen zu tun: Spannungsaufbau, Reibungskräfte, Schwachstellen, lokaler Gebirgsbruch. 

Sogenannte „deterministische“ Vorhersagen anhand von grundsätzlich messbaren, mechanisch bestimmten  „Vorlaufparametern“ haben sich jedoch nach R. Meißner als ebenso unbrauchbar erwiesen wie die alternative „statistische“ Vorhersage, und zwar sicher vor allem auch deshalb, weil die verfügbaren Messverfahren nicht wirklich an die aktivierten Bebenherde „heran kommen“. Vielleicht liegt also das Dilemma grundsätzlich an eben dieser traditionell rein terrestrisch-mechanischen Betrachtungsweise. Selbst die periodischen Spannungsbelastungen der Erdkruste durch das lunare Gezeiten-Phänomen erweisen sich ja  zwar als gelegentlich signifikant, doch ist auch daraus - wohlgemerkt, bei klassischer Betrachtungsweise - bisher keine Prophylaxe abzuleiten.

Insofern sind neue, möglicherweise weiter führende Hinweise erwünscht, denn Erdbeben (und der Vulkanismus) sowie deren katastrophale Folgeerscheinungen gehören nach wie vor zu den größten Schreckens- und Schadensszenarien im Siedelverhalten der Menschheit. Nun trug I. T. Donk schon im Jahr 1985 auf der 19. Internationalen Konferenz über Kosmische Strahlung in La Jolla/USA zum Thema „Strong Earthquakes, Novae, and Cosmic Ray Environment“ (Starke Erdbeben, Novae und kosmische Strahlungsumgebung) vor, und vor allem russische Physiker haben sich bis heute der Untersuchung des Weltraum-Einflusses auf die Tektonik der Erde zugewandt. Die Schlussfolgerungen dieser Untersuchungen weisen eindeutig auf die Erdbeben-Triggerung aus dem Weltraum hin und gipfeln zudem nach V. F. Ostapenko und V. A. Krasnoperov in folgendem Satz: „Unsere Ergebnisse haben eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür aufgezeigt, dass anomale Schwankungen des Neutronen-Flusses (NF)Starkbeben vorher sagen.“. Es gelang nämlich, mit zeitlich und örtlich gekoppelten NF-Anomalien der Geoneutronen Erdbeben im Umkreis von ≤ 450 km zu lokalisieren, weil impulsartige Schauer der Geoneutronen dies anzeigen. 

Trotzdem, zum Beispiel das komplette Fehlen der Begriffe „Neutron/neutron“ und „Kosmische Strahlung/cosmic rays“ in den Überschriften aller einschlägigen 911 Veröffentlichungen des ansonsten außerordentlich kreativen Bereichs Dynamik der Lithosphäre am Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) Potdam im Zeitraum 1997 bis 2009 spricht gegenteilige Bände.

Eigene extraterrestrische Beobachtungen

Auch der Autor glaubt, einen kosmischen Zusammenhang entdeckt zu haben, der vielleicht weiter führt. In Bild 1 ist die Statistik der weltweiten Erdbeben (M ≥ 2,5) für den Zeitraum 2004 bis 2005 taggenau und zeitsynchron der am finnischen NMS-Monitor registrierten Neutronenrate gegenüber gestellt. Man erkennt eine erstaunlich enge Korrelation der Kurvenverläufe, was sich übrigens auch für die Folgezeiträume nachweisen ließ. Zeitliche Erbebenhäufungen sind somit mehr oder weniger gut sichtbar in dieser Darstellung an relative Minima des Neutronenflusses auf der Erdoberfläche gekoppelt. Einige der besonders auffällig zusammen gehörigen Maxima/Minima werden mit den gestrichelten Linien angezeigt, wobei Überlagerungen zu beachten sind. Bei höherer Zeitauflösung wird die Korrelation übrigens noch sehr viel deutlicher. 
 

Korrelation

Bild 1: Korrelation der langfristigen Erdbeben-Statistik – Jahre 2004 bis 2005 - und der Kosmischen Strahlung 
           (H.-D. Langer)

Mit anderen Worten, die Aktivität der Sonne bestimmt wohl eher, wann die Erde bebt!
Dies erklärt sich wie folgt: Das aus vielen Stationen bestehende internationale „Neutron Monitoring System“ (NMS) wurde seit 1964 installiert, um die Kosmische Strahlung (KS) global und kontinuierlich auf dem Erdboden zu messen. Es hat sich nämlich - inzwischen kalibriert anhand von einschlägigen Satelliten-Messungen - insbesondere erwiesen, dass der in der irdischen Atmosphäre durch die KS generierte Sekundärneutronen-Fluss der KS-Intensität direkt proportional ist. Auch ist bekannt, dass das Interplanetare Magnetfeld (IM) - gesteuert durch die Aktivität der Sonne - den letztlich auf den Erdkörper auftreffenden Betrag der KS bestimmt. Wenn zudem solare Kernprozesse die Ausdehnung und Intensität des IM spontan erhöhen (Forbush-Effekt, siehe H.-D. Langer), nimmt dieser KS-Anteil mehr oder weniger drastisch ab, und die NMS-Monitore registrieren weltweit ein relatives Minimum.

In Bild 1 wurde absichtlich die Zeit des großen Bebens (M = 9,0 am 26. Dezember 2004) einbezogen, das seinerzeit zu der folgenschweren Tsunami-Katastrophe im Raum des Indischen Ozeans führte. Man hat somit den überzeugenden Eindruck, dass Großbeben (M ≥ 6,0) - die natürlich stets Schwärme von weiteren, meist schwächeren Beben begleiten - mit starken Forbush-Effekten verbunden sind. 

Eine Darstellung aller Großbeben mit der Magnitude M ≥ 6,0 im langen Zeitraum von 1977 bis 2006 zeigt Bild 2. 
 

Grossbeben

Bild 2: Statistik der weltweiten Großbeben (M ≥ 6) im Zeitraum 1977 bis 2006

Stellt man diese Statistik zeitsynchron in die NMS-Kurven seit Beginn der Registrierung ein - zum Beispiel die des NMS-Monitors der Universität Oulu/Finnland, siehe Bild 3 - so fällt zunächst anhand des Neutronen-Aufkommens die etwa 11jährige Periode der Sonnenaktivität auf, was man auch als Sonnenflecken-Zyklus kennt. Ein Zusammenhang der Großbeben-Häufigkeit mit der Sonnenaktivität ist zwar hier auch zu erkennen, doch nicht so ohne weiteres auf den ersten (!) Blick. Ein Widerspruch zwischen den Aussagen der Bilder 1 und 3 besteht jedenfalls nicht, wenn man nämlich die Piks der Bebenstatistik nicht den 11jährigen Maximum/Minimum-Perioden, sondern starken Forbush-Einbrüchen der Kurve zuordnet. Es fällt dabei lediglich eine gewisse Zeitverschiebung der Großbeben-Häufung auf.





Bild 3: Zeitsynchrone Gegenüberstellung der Kosmischen Strahlung (seit Beginn der erdgebundenen 
           Messungen) und der Großbeben-Statistik

Die Charakteristik der Forbush-Effekte, die sich im Prinzip ständig aneinander reihen bzw. sogar je nach Intensität überlagern, ist sehr variabel. A. V. Belov u.M. (2005) unterschieden drei Intensitäts-Bereiche (1-2%, >3%, >5%; Die Bereichsgrenzen entsprechen den direkt in den NM-Kurven ablesbaren %-Zahlen.) und stellten die jährlichen Anzahlen der Forbush-Effekte, nach der prozentual bewerteten Stärke gestaffelt für den Zeitraum 1967 bis 2003 graphisch dar. Es ist zu beachten, dass die erhaltenen „Spektren“ (Kurvenbilder) demnach bei weitem nicht identisch sind. Stellt man dem die obige Großbeben-Statistik zeitsynchron gegenüber, so deutet sich eher eine Korrelation für den Bereich 1-2% an. Die Forbush-Effekte mit dieser kleinen Intensität treten, wie man in Bild 4 sieht, sehr viel häufiger auf und sind, wie gesagt, 
auch den relativen Minima starker Forbush-Effekte überlagert. 




Bild 4: Zeitsynchrone Gegenüberstellung der langjährigen Statistiken von Forbush-Ereignissen und Großbeben

Auf einen bemerkenswerten Zusammenhang wird man aufmerksam, wenn ansonsten willkürlich ein Kurven-Abschnitt vom Neutronen-Fluss (NF) ausgewählt wird - in Bild 5 vom 10.8. bis zum 8.9.2009 - in dem nur Forbush-Effekte mit ≤ 1% auftreten und mit Pfeilen sämtliche Starkbeben (M = 6,0 bis 7,0) dieses Zeitraumes markiert sind: Fast immer bebte in diesem Zeitraum irgendwo die Erde heftig, nachdem ein bis zwei Tage zuvor ein schwacher Forbush-Effekt voran gegangen ist, d.h., der Beginn eines kleinen Minimums des NF dies angekündigt (!) hat. 




Bild 5: Die Pfeile markieren Großbeben und die punktierten Linien deuten schwache Forbush-Minima der NM-
           Kurve im Zeitabschnitt 10.8. bis 8.9.2009 an: Gibt es hier einen fundamentalen Zusammenhang?

Um diese Beobachtung zu unterstreichen, wurden alle Großbeben zwischen zwei willkürlich ausgewählten längeren Zeitabschnitten, in denen insgesamt 144 Ereignisse stattfanden, dahin gehend überprüft. Das Ergebnis ist in Tabelle 1 dargestellt. Demzufolge wären 64 % der Katastrophen-Beben anhand des NF zeitlich vorhersagbar gewesen, da sie innerhalb eines schwachen Forbush-Minimums lagen. Bei 20 % der Beben setzte ein Forbush-Effekt am gleichen Tag ein, und nur bei 16 % ist von „nicht zutreffend/unklar“ die Rede. Die Unklarheit entsteht vor allem dadurch, dass die schwachen Forbush-Effekte nahezu laufend ineinander übergehen. Umgekehrt, wenn auch seltener, gibt es zudem jene längeren Anstiegsperioden der NM-Kurven - z.B. in der Zeit 10. bis 16.8.09 gemäß Bild 5 - während denen kein Großbeben stattfindet, was obige Feststellung ja unterstreicht. Dabei handelt es sich in der Regel um Auslaufphasen stärkerer Forbush-Effekte, also wahrscheinlich auch um eine durchaus systematische Erscheinung.


Tabelle 1:        Beziehung zwischen Großbeben-Zeitpunkten und Verlauf von schwachen Forbush-Ereignissen 
                       (am Übergang, innerhalb 24 Stunden nach Beginn bzw. innerhalb des Minimums) in zwei 
                       längeren Zeitabschnitten:  Ausgewertet sind die prozentualen Anteile, die hoch signifikant 
                       sind, wenn man zutreffende Fälle (innerhalb 24 Stunden) und solche zusammen zählt, die 
                       innerhalb eines schwachen Forbush-Minimums liegen. Eine zeitliche Erdbeben-Vorhersage 
                       (Stunden bis wenige Tage zuvor) wäre somit in 64 % der Fälle möglich gewesen.
 

Ereignis/Zeitraum

27.8.08 bis 21.1.09

11.2.09 bis 2.9.09

Gesamt

Vorhersagbar

 

Anzahl/Anteil

Anzahl/Anteil

Anzahl/Anteil

Anzahl/Anteil

Gesamtzahl der Großbeben

61

83

144

 

zutreffend

24/39%

30/37%

54/38%


      91/64%

im Minimum

12/20%

25/29%

37/26%

 

am Übergang

15/25%

15/18%

30/20%

 

nicht zutreffend/unklar

10/16%

13/16%

23/16%

 


Allerdings zeigt sich am Beispiel des Zeitraumes 5. bis 27.12.2006, siehe Bild 6, dass die mit Pfeilen zeitlich zugeordneten Großbeben (schwarze Pfeile: Archiv des U.S. Geological Survey/USGS im Oktober 2009, rote Pfeile: USGS, jeweils letzte 7 Tage in den Jahren 2006/07) manchmal nur eine geringe Korrelation mit dem Beginn großer Forbush-Effekte. Hier ist jedoch zum 13. Dezember 2006 ein sogenanntes „Topflare“-Ereignis L enthalten, und man sieht praktisch keinen Zusammenhang, das heißt, bestimmte Plasmaprozesse der Sonne - mögen sie noch so energieintensiv und von Einfluss auf das IMF sein - keine außergewöhnlichen bzw. (vorsichtig ausgedrückt) unmittelbaren Beziehungen zu Großbeben auf der Erde haben müssen. 


Topflare

Bild 6: Am 13. 12. 2006 fand ein Topflare-Ereignis statt. Eine sonderliche Korrelation der NM-Kurve mit 
          Großbeben (mit Pfeilen zeitlich zugeordnet) ist gerade in diesem Zeitabschnitt nicht zu erkennen.

Man stellt also fest, dass sich die Erde zeitlich fast immer innerhalb von einem Forbush-Ereignis befindet. Selbst wenn sich der Tageszyklus der NM-Kurven nicht störend bemerkbar macht, kann daher die sichere Zuordnung zu einem kleinen Forbush-Effekt (≤ 2%) problematisch sein. Dies zeigt  Bild 7 ganz besonders deutlich, in dem die im Zeitraum 6. 10. bis 8. 10. 09 stattgefundene Extremserie von neun Beben  mit M = 6,5 bis 7,8 eingetragen ist. Wenn man den generell fallenden Trend nicht beachtet, könnte man sich vielleicht fragen: Beginnt das zuständige NF-Minimum am 3. oder am 5. Oktober?


NM-Kurve

Bild 7: In der höher aufgelösten NM-Kurve sind kleine Forbush-Effekte schon aufgrund der 
           Schwankungsbreite der Messdaten schwer erkennbar. Trotzdem kann man bei genauer Betrachtung und 
           Berücksichtigung des generell fallenden Trends des Neutronen-Aufkommens ein zuständiges NM-
           Minimum (Zeitabschnitt 5. Oktober, 21.00 Uhr, bis 7. Oktober, 16.00 Uhr) der am 6. Oktober 2009 
           gegen 21.00 Uhr einsetzenden Großbebenserie zuordnen.

Insofern scheint eine Zeitpunkt-Vorhersage von Großbeben anhand einer womöglich schwachen Abnahme des NF trotz allem sehr problematisch bzw. nahezu sinnlos. Solange man jedenfalls die zusätzlichen Signale der Geoneutronen vernachlässigt, worauf der Autor in einem Folgebeitrag eingehen möchte, ist diese Aussage leider teilweise zutreffend. Das Anliegen in diesem Beitrag ist vielmehr, erneut auf die außergewöhnlich hohe Relevanz kosmischer Prozesse und die dringende Notwendigkeit alternativer Forschung - auch angesichts aktueller Katastrophen - aufmerksam zu machen.  

Extrembeben beim „Erwachen“ der Sonne

In Bild 3 fällt die besonders starke KS während des gegenwärtigen solaren Aktivitätszyklus auf. Noch nie wurden von den NMS-Stationen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts so hohe Neutronenflüsse festgestellt wie im Zeitraum von 2004 bis 2010. Gemäß Bild 8 könnte man nun jedoch zu der Annahme geneigt sein, dass die Ruhephase - eine Zeit ohne Sonneflecken - formal am 25. März 2010 endete: Die Sonne ist wieder „erwacht“ und verringert seither Tag für Tag deutlich die auf die Erde treffende KS mit ihrem magnetischen Abschirmmechanismus! Scheinbar nicht sofort auffällig, doch ab dem 5. April 2010 unübersehbar hatte dies für den Erdkörper katastrophale Folgen, denn er wurde innerhalb von fünf Tagen (5. bis 9.4.10) von 1.222 (!) Erdbeben erschüttert, während üblicherweise täglich nur ca. 20 bis 30 stattfinden. Bemerkenswert ist es zudem, dass es im Umfeld des mittelstarken Forbush-Effekts am 5. 4. 2010 - blau punktierter Kreis in Bild 9 - gleich zu mehreren Extrembeben (fette Pfeile in Bild 9) kam.

 



Bild 8:  Am 5. April 2010 fand ein abruptes Forbush-Ereignis statt. Gemäß Unterdiagramm zeigte die 
            Bebenstatistik in diesem Zeitbereich mit nur geringer Phasenverschiebung ein extremes Maximum.


Grossbeben

Bild 9: Nach schwache Forbush-Effekten erscheinen immer wieder im geringen zeitlichen Abstand Großbeben. 
           Fehlen diese (21. bis 25.3.10), so finden auch keine Starkbeben statt. Ein mittelstarkes Forbush-Ereignis 
           Anfang April 2010 hatte zudem extreme Folgen für den Erdkörper.

Sieht man von diesen phänomenalen Ereignissen ab, so ist eigentlich trotz genereller KS-Abnahme die typische Korrelation von Starkbeben mit schwachen Forbush-Effekten zum Beispiel seit dem 13.3.2010 gut zu beobachten. Auch fällt das erwartungsgemäße Ausbleiben solcher Erderschütterungen während der Tage 21. bis 25. 3. 10 auf (blau punktierter Doppelpfeil in Bild 9), da es einen tagelang beständigen, aber letztlich vorüber gehenden Rückgang des solaren Magnetfeldes bzw. KS-Anstieg gab.

Stellt man jedoch die Korrelation der Starkbeben seit dem 27. Februar 2010 dar (Bild 10), so fällt ein tatsächlich etwas früherer, der eigentliche Termin des „Erwachens“ der Sonne sehr viel dramatischer ins Auge: Es ist der 24. Februar 2010. Eine nie dagewesene Serie von Starkbeben erschütterte bis zum 16. März rund um den Globus (vor allem Südamerika, aber auch andere Bereiche des gesamten Pazifischen Feuerrings sowie die Türkei) die Erde, und zwar in bemerkenswerter Weise kurz nachdem der solare Magnetfeld-Mechanismus in Gang geriet und zur seither anhaltenden Abnahme des KS-Mittelwertes führte. Es scheint so, dass hier in der Sonne der gleiche Kernmechanismus wirkt - der diesmal jedoch noch nicht unterbrochen wurde und offensichtlich den neuen solaren Zyklus einleitete - wie weiter oben bereits angenommen, wonach ein eher schwach ausgeprägter Forbush-Effekt terrestrische Groß- und Extrembeben auslöst. 


Sonne erwacht

Bild 10: Die Sonne „erwachte“ Ende Februar/Anfang März 2010. Die „Antwort“ der Erde ließ nicht lange auf 
             sich warten: Eine nie dagewesene Serie von Stark- und Extrembeben erschütterte ihren Körper mit 
             teilweise katastrophalen Folgen für Siedlungszentren.

Obgleich also in der Sonne zur Zeit im Rahmen eines weitgehend unbekannten Langzeitzyklus außergewöhnlich heftige Kernreaktionen aktiviert worden sind, hebt sich für die Besiedlung der Erde ein Schema ab, das offenbar zu allen Zeiten gültig ist: Die Sonne ist für schwere Beben und Vulkanausbrüche (zum Beispiel der Vulkan Eyjafjallajökull auf Island) sowie für weitere extreme Schreckensszenarien auf der Erde verantwortlich. Um dies zu unterstreichen, wurde in Bild 11 (man vergleiche mit Bild 2) noch einmal für einen längeren Zeitabschnitt, hier vom 7.1. bis 10.4.2010, die enge Korrelation der irdischen Erdbebenstatistik und der kosmischen Strahlung dargestellt, wenn auch besagter Pik am Ende dieses Zeitraumes das Statistik-Diagramm stark dämpft.

 



Bild 11: Wie in Bild 1 ist auch im Zeitraum 7. Januar bis 10. April 2010 die enge Korrelation der globalen 
             Erdbebenstatistik mit dem solaren Forbush-Effekt nicht zu übersehen, wenn auch der hohe Pik am 
             Ende des Zeitraumes einiges überdeckt.

Korrelations-Modelle 

Es gibt inzwischen einige Modelle und ernst zu nehmende Hypothesen zur solaren Erdbeben-Triggerung. Zwei sollen nachstehend vorgestellt und diskutiert werden.

Myonen-Modell (V. F. Ostapenko): 

1. Die vom Solarwind auf die Erde übertragene Energie triggert die Erdbeben am Ort  
    (potentieller Erdbebenherd), wo die Voraussetzungen für den Gebirgsbruch bestehen.

2. Triggerenergie ist die der kosmischen Myonen, die tief in die Erde eindringen, und dort 
    Geoneutronen generieren.

3. Es finden (solar getriggert, z.B. Flares) im erdnahen Weltraum über dem potentiellen 
    Erdbebenherd Parameter-Änderungen statt (z.B. Abnahme der Intensität des interplanetaren 
    Magnetfeldes), so dass lokal mehr Myonen einschlagen.

Neutralschicht-Modell (L. Kh. Shatashvili u.a.): 

Es treten Starkbeben auf, bevor - oder am gleichen Tag - die Neutralschicht des IMF die Erde durchquert.

Beide Modelle lassen den eigentlichen Auslösemechanismus des Bebens offen. Man erahnt natürlich, dass die thermische Energie der im Herdbereich ausgelösten Kernprozesse (oder diese selbst) es sein könnten. Eine lokal erhöhte Temperatur verringert auf jeden Fall die stabilisierenden Reibungskräfte, so dass sich das Gebirge spontan entspannen kann. Dies wäre dann aber auch ein völlig alternatives Konzept zur Erklärung von Erdbeben: Das rein mechanische Modell bekäme eine ergänzende thermische Komponente, die durch Kernprozesse ausgelöst sein würde. Genau dies wäre ein akzeptabler kosmischer Triggermechanismus des terrestrischen Phänomens!

Radioaktiv-thermisches Modell

Gibt es nun tatsächliche Hinweise auf thermische Auslösemechanismen für Erdbeben? Wesentlich ist auf jeden Fall die gesicherte Kenntnis wonach mehr als 50 % der Wärmeproduktion der Erde auf Kernenergie zurück geht. Insofern ist es eigentlich unstrittig, dass lokal verstärkte radioaktive Prozesse zur örtlichen Temperaturerhöhung beitragen können. Nach Untersuchungen des Autors lässt sich zumindest eine Korrelation zwischen dem Anstieg der jährlichen globalen, mittleren Erdtemperatur nach Literaturangaben, siehe Bild 12  und der Häufigkeit von sämtlichen Großbeben (M ≥ 6.0) auf der Erde im Zeitraum 1975 bis 2009 gemäß Bild 2 feststellen. (Die Großbeben wurden in den zwei Jahren 2007/08 vom Autor zwar nur lückenhaft registriert und sind deshalb im Diagramm nicht berücksichtigt, doch ist ihre Anzahl im Jahr 2009 mit 120 umso höher.) Eine graphische Mittelung ergibt die beiden in Bild 12 eingetragenen Geraden, für die eindeutig untereinander eine lineare Beziehung besteht.

Berücksichtigt man den oben diskutierten Zusammenhang der Bebenstatistik mit der KS, so deutet sich somit der vermutete Zusammenhang „mehr Erdbeben aufgrund erhöhter Temperatur“ zumindest im globalen Maßstab an. (Das Myonen-Modell nach Ostapenko lässt ja sogar lokale Parameter-Anomalien im erdnahen Weltraum zu.) Auffällig ist jedoch der noch anhaltende Nachlauf in der Zunahme von Starkbeben, während die Globaltemperatur seit etwa dem Jahr 2005 wieder sinkt.


Korrelation

Bild 12: Seit etwa 1970 zeichnete sich laut NASA ein linearer Anstieg der globalen Temperatur ab, der 
             mindestens bis zum Jahr 2005 anhielt. Wie die Gegenüberstellung zeigt, stieg auch die jährliche 
             Anzahl der terrestrischen Großbeben linear an (braune, gestrichelte Linien; das lila Kästchen ist der 
             Bebenmeßpunkt zu 2009). Diese zeigt jedoch einen zeitlichen Nachlauf der Beben.

Stellt man zudem zeitsynchron die Statistik der Welt-Extrembeben mit M ≥ 8,0 im Zeitraum von 1920 bis 2009 gemäß Earthquake Hazards Programm/USA der globalen Temperatur gegenüber, siehe Bild 13, so fällt auf, dass praktisch jede Häufung dieser außergewöhnlichen Bebenereignisse jeweils wenige Jahre nach einem Pik in der globalen Temperaturkurve eingetreten ist. (Eine einzige Ausnahme ist der Temperatur-Pik im Jahr 1960.) Auch dies ist ein Hinweis auf eine thermische Auslösung von Erdbeben - freilich mit einem Nachlauf in der Dimension von Jahren - wobei es sich hier in dieser Statistik immerhin ausschließlich um extrem katastrophale Vorgänge mit Magnituden zwischen M = 8,0 bis 9,5 handelt. 


Korrelation

Bild 13: Die Statistik der registrierten Extrembeben der vergangenen 110 Jahre macht den Eindruck, dass sie - 
             jeweils mit einem Nachlauf weniger Jahre - mit den Spitzen der Globaltemperatur korreliert.

Diskussion

Die Beobachtungen anderer Autoren und die eigenen Ergebnisse lassen außer Zweifel, dass Vorgänge in bzw. auf der Sonne die meisten Erdbeben auf unserem Planeten tatsächlich triggern. Würde man hierzu den Forbush-Effekt schlechthin beiziehen - dessen Vermittlerrolle jedenfalls ebenfalls zweifelsfrei erwiesen zu sein scheint - käme der Sonne nur eine indirekte Bedeutung zu: Sie beeinflusst mit ihrem interplanetaren Magnetfeld die kosmische Strahlung derart, dass die von ihr in der Erdatmosphäre generierten Myonen (und Sekundärneutronen) als die eigentliche Ursache für terrestrische Beben-Ereignisse in Frage kämen.

Es zeichnet sich insbesondere ein spezifischer Einfluss intensitätsschwacher Forbush-Effekte ab. Demnach setzen Starkbeben oft nahezu zeitgleich mit bzw. erst wenige Tage nach relativ geringfügigen solaren Forbush-Effekten ein. Da die zunehmende Häufigkeit der energiereichen Beben (M ≥ 6,0) offenbar mit der in vergangenen Jahrzehnten festgestellten Erhöhung der Erdtemperatur einhergeht, wird die Vorstellung von einer thermischen Triggerung von Bebenherden durch die Sekundärprodukte der KS nahe gelegt, die zwar tief, aber letztlich doch nur begrenzt in die Erdkruste eindringen und dort Kernreaktionen auslösen.

Dieser Modellansatz gewinnt zusätzliche Nahrung aus der Tatsache, dass die Extrembeben fast zeitgleich mit bzw. wenige Jahre nach auffälligen Spitzenwerten im Zeitablauf der Erdtemperatur einsetzen. Möglicherweise nehmen diese ihren Ausgangspunkt in größerer Tiefe des Erdmantels, so dass der Wärmetransport zur Oberfläche längere Zeit benötigt. 

Da man das Eindringen zum Beispiel von Myonen bis in den Erdmantel sicher völlig ausschließen kann, muss also noch ein anderer Kernstrahlungs-Mechanismus wirken, wenn man die Korrelation von Sonnen- und Geoaktivität im Sinne thermischer Bebentriggerung wirklich widerspruchsfrei verstehen will. In Frage kämen solare Neutrinos, die - bei ihrer hohen Ausbreitungsgeschwindigkeit und Durchdringungsfähigkeit - terrestrische Kernprozesse in beliebiger Tiefe auslösen und somit auch die unterschiedlichen zeitlichen Phasenverschiebungen erklären könnten. Zudem könnten hinter den schwachen Forbush-Effekten spezielle Kernreaktionen in der Sonne mit charakteristischer Neutrino-Emission stehen. Diese Arbeitshypothese kann selbstverständlich nur durch weitere Untersuchungen erhärtet werden.

Unterstützt wird das Kernenergie-Temperatur-Modell der Beben-Aktivierung immerhin durch die Tatsache, dass mit Erdbeben Geoneutronen-Schauer verbunden sind, die impulsartig unmittelbar vor, während und nach dem terrestrischen Ereignis zu beobachten sind. Darauf geht der Autor in einer späteren Arbeit ein.

Literatur

Belov, A. V. u.a.:                   Frequency of Forbush effects as an index of solar activity, 29th 
                                               International Cosmic Ray Conference, Pune (2005) 1, 375

Langer, H.-D.:                        Das geophysikalische Standortproblem der Bäume, Teil 4: 
                                               Gradientenwuchs der Bäume im Feld der Geoneutronen, siehe 
                                               www.drhdl.de

Meißner, R.:                           Erdbeben: Beobachtungen und Ursachen, 50 (1994) 2, 149

NASA:                                   data.giss.nasa.gov/gistemp/2005

Ostapenko, V. F.:                   Analysis of natural neutron flux in a seismically active zone, 
                                               Natural Hazards and Earth System Sciences 3 (2003) 777

Shatashvili L. Kh. u.a.:          Dynamics of change in the IMF sector structure in the vicinity 
                                               of the Earth and the problem of erthquakes, International Journal 
                                               of Geomagnetism and Aeronomy 1 (2000) 4, 4 p