Prosa/Poesie:

Aller Anfang ist schwer! Wo fängt man an? Was interessiert auch andere?
von Dr. Hans-Dieter Langer, Niederwiesa

 

 

In dieser Not hilft vielleicht zunächst einmal Poesie. Ein Gedicht des Autors aus dem Jahre 2001 drückt mit seiner Fragestellung nämlich im Grunde den Ursprung allen Geschehens aus, das schließlich zur Idee dieser Internet-Seite führte. Schon das Kind staunte über das sichtliche Bemühen der Bäume, anders zu sein als im Lehrbuch abgebildet. Kein Lehrer, kein Förster, kein Biologe konnten z.B. damals wie heute eine plausible Antwort geben: Warum sind die Bäume in Wirklichkeit nicht axialsymmetrisch, der Schwerkraft und dem Licht folgend? Warum gibt es Baumgiganten? Warum müssen Bäume leiden? Was macht womöglich den eigentlichen Kampf um ihr Dasein aus?

 

 

 

 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Rätselhafter Laubbaum

Das Lehrbuch sagt im Wortgewimmel
gerade sei der Stamm (zum Himmel).
Gleich muss auch die Krone sein,
so fällt allseits das Licht herein.


Die geotrope Kraft der Schwere
gilt´s auszugleichen trotz der Leere,
und grüner Zauber - sprich Fototropie -
sorgt für der Krone Symmetrie.

“Ihr dürft schon mal wachsen adaptiv“, 
rief Zeus, „dann geht´s gelegentlich auch schief.
Doch haltet Abstand, ihr Äste und Bäume,
nur Epinastie hält frei die Räume.“

Die Regeln 
sind somit bekannt,
doch sehen Bäume anders aus;
rätselhaft und wunderlich ist der Bestand!


Fragen an die Bäume

Sag´ Veteran, Du alter Degen,
stehst schief mit starker Kraft;
von Fuß bis Kopf liebst Du den Winkel?
Der Wind, von wegen!

Der Riesenstamm ist hohl,
kein Blitz, kein Feuer kann das schaffen!
Man schaut Dir in den dicken Wams.
Fühlst du dich damit etwa wohl?

Fernab vom runden Kreise
ist Deines Stammes Peripherie!
Selbst die Krone macht das mit.
Kaum zu glauben, statisch weise?

An Fuß und halber Höhe
trägst du bedrohlich Wülste.
Knorrigkeit ist nicht Erklärung!
Geht´s dir gar schlecht, oh wehe?

Kein Wipfeltrieb einzig allein?
Stattdessen zwieselst Du da droben,
spielend mit den Tonnenmassen.
Das kann kein Zufall sein!

Ein Borkenspalt nach oben dreht.
Nein! Hast Du beim Tanz vergessen,
dass Deine halbe tote Krone
dafür im Regen steht?

Zwei Äste eng und schlicht
in Liebe einander zugeneigt.
Ein Bruderkuss, gewollt untrennbar?  
Das geziemt sich doch nicht!

Dein schütter Blätterdach 
ein typisch Markenzeichen.
Es ist ein tiefer Widerspruch!
Vitalität, steht hier im falschen Fach?

Dafür unten einsam gelegen
eine verschämte Ästchengruppe.
Verbirgt sie Deine Stammesfurche?
Dein hohes Alter spricht dagegen!

Die Wurzeln (?) auf dem falschen Feld!
Dem Leib des Lindwurms ähnlich,
sind sie Teil der Szenerie
und meiden den Abstieg in die Unterwelt.

Sag´ Baum, Du mächtig Wesen,
stimmt etwas nicht in Deiner Welt?
Hat Zeus Dir gar ein Urteil gefällt,
dass Bäume nicht zum Himmel gesellt?


Hans-Dieter Langer, 
Neutronen-Garten zu Niederwiesa, Mai 2001